Religiöse Kontroverse
Siehe auch: „Das Leben des Brian“ an Karfreitag
Widerstand vor der Veröffentlichung
Während der Dreharbeiten sorgte ein weitreichendes Urteil in Großbritannien für Aufsehen und in der Folge für Sorge bei allen Beteiligten des Projekts: Die religiöse Organisation Nationwide Festival of Light konnte vor den Gerichten des Landes die erste Verurteilung wegen Blasphemie seit 55 Jahren erreichen. Nicht nur wurde der Herausgeber der Homosexuellen-Zeitschrift Gay News zu vorerst neun Monaten Haft wegen Veröffentlichung eines gotteslästerlichen Gedichts verurteilt (das Urteil wurde später in eine Geldstrafe umgewandelt): Die obersten juristischen Instanzen bestätigten die Rechtsauffassung, wonach kein Wille zur Blasphemie vorliegen muss, um wegen religions- und gotteslästerlicher Taten verurteilt werden zu können.
Die Arbeit am Film war noch nicht abgeschlossen, als Nationwide Festival of Light in Besitz mehrerer Drehbuchseiten gelangte. Unter Federführung der Vorsitzenden Mary Whitehouse wurde gegen Life of Brian mobilisiert. Ein Brief an den Vorsitzenden der britischen Zensurbehörde British Board of Film Censors (BBFC) warnte: „Sie wissen selbst um die Folgen heimtückischer Schmähungen Gottes, Christi und der Bibel.“ Ein Gutachten des Anwalts John Mortimer, mit dem die Pythons den Film schließlich zur Prüfung beim BBFC einreichten, schätzte die Möglichkeit einer Klage als gering ein. Dabei führte Mortimer neben dem prinzipiell unbedenklichen Drehbuch besonders die Popularität der Komikertruppe ins Feld. Die Passage, wonach die Szenen des Ex-Leprakranken und die Frage nach Mandys Jungfräulichkeit religiöse Gefühle verletzen könnten, redigierte er auf Wunsch der Pythons in seiner dem BBFC übermittelten Einschätzung.
Eine weit größere Angriffsfläche als der fertige Film bot das Buch zum Film, das neben dem Drehbuch einige entfallene Szenen enthielt und pünktlich zur Premiere verkauft werden sollte. Verleger in Großbritannien, den USA und Kanada haderten lange mit der Entscheidung, ob und wie das Buch veröffentlicht werden kann. Als problematisch beschrieben Gutachter vor allem die Szene mit dem Ex-Leprakranken, der sich über Jesus als „verdammten Wohltäter“ beschwert, und eine Szene im Anhang des Buches: Darin muss eine Frau ihrem Freund erklären, mit jemandem geschlafen zu haben, der sich als „Heiliger Geist“ ausgab. Nach Rücksprachen weigerten sich die Pythons regelmäßig, Änderungen vorzunehmen. Als der Film in den USA und Kanada, später auch von dem BBFC ohne weitere Bedenken wegen Blasphemie freigegeben wurde, entschieden sich die Verleger angesichts der bevorstehenden Premieren für die Publikation von Monty Python’s Life of Brian (of Nazareth)/Montypythonscrapbook. Die beauftragte englische Druckerei weigerte sich jedoch, den kontroversen Anhang zu drucken, weshalb die englische erste Auflage von zwei Druckereien hergestellt werden musste.
Premieren
USA
Die Uraufführung des schon vor dessen Veröffentlichung wegen Religionsbeleidigung umstrittenen Filmes fand am 17. August 1979 im New Yorker Cinema One statt. Freigegeben wurde der Film für alle ab 17 Jahren in Begleitung eines Erwachsenen („Restricted“). Der Grund, die Premiere in den USA abzuhalten, fand sich nicht zuletzt in der verfassungsrechtlich verankerten Meinungsfreiheit.
Umgehend nach der Veröffentlichung kamen teils wütende Reaktionen von jüdischen, katholischen und protestantischen Vereinigungen. Rabbiner Abraham Hecht, Präsident der Rabbinical Alliance of America, geißelte den Film zwei Tage nach der Premiere als „so tief beleidigend“, dass weitere Aufführungen „zu Gewalt führen könnten“. Dass die ersten scharfen Worte von jüdischer Seite kamen, überraschte die Pythons, die im fertigen Film Angriffe auf das Judentum ausgeklammert hatten. Laut Terry Jones kristallisierte sich heraus, dass die Verwendung eines jüdischen Gebetsschals, den John Cleese in der Steinigungsszene als Hoherpriester trägt, der Hauptgrund für die Aufregung von jüdischer Seite war. Andere Vertreter jüdischer Glaubensgemeinschaften wiesen die scharfen Äußerungen Hechts dagegen als „Gefahr für die Gedankenfreiheit“ zurück. Bald artikulierten auch christliche Vertreter ihre Abneigung gegen den Film: In einem landesweit ausgestrahlten Radiokommentar bezeichnete der Protestant Robert E. A. Lee Life of Brian als „einen abscheulichen und widerlichen Angriff auf religiöse Gefühle“. Die römisch-katholische Erzdiözese von New York hielt die Komödie wegen Verspottung der Person Christi für einen „Akt der Blasphemie“. Pater Sullivan vom Roman Catholic Office for Film and Broadcasting hatte ein Jugendverbot erwartet und rief es als Sünde aus, den Film anzusehen.
Versuche des Komitees Citizens Against Blasphemy („Bürger gegen Blasphemie“), eine Strafverfolgung einzuleiten, blieben erfolglos. Dafür trafen sich am 16. September Juden, Katholiken und Protestanten verschiedener Organisationen vor dem Firmensitz des Filmverleihers Warner zu einem Protestmarsch zum Premierenkino Cinema One. Auf Plakaten stand zu lesen, Life of Brian wäre „ein bösartiger Angriff auf das Christentum“. In einer Rede prangerte Reverend Roger Fulton unter anderem die „amoralischen Aspekte des Filmes“ an: „Die Mutter des Messias (Brian) wird von einem Mann in Frauenkleidern dargestellt […]. Immer wieder drückt ein Mann seine Sehnsucht aus, eine Frau werden zu wollen.“
Neben verletzten christlichen Gefühlen standen bedrohte konservative Werte im Zentrum der Debatte, die auch in den Medien des Landes geführt wurde. Nachdem Richard Schickel im Time Magazine in seiner wohlwollenden Filmkritik sinngemäß feststellte, dass diese aggressive Satire dazu nütze, eigene Überzeugungen und Werte in Frage zu stellen, antwortete der rechtskonservative Kolumnist William F. Buckley in der New York Post mit den polemischen Fragen: „Meint Herr Schickel, wir bräuchten gelegentlich einen Holocaust? Oder, falls wir gerade auf einen Holocaust verzichten müssten, die Leute von Monty Python wenigstens eine Komödie über Auschwitz machen sollten? […]“ Die teilweise erbittert geführte Debatte löste sich auch insofern vom Filminhalt selbst, als die meisten Kritiker und Aktivisten Life of Brian nicht gesehen hatten und auf die skandalisierenden Schilderungen anderer vertrauten. Laut Hewison kam sogar das Gerücht in Umlauf, während der Dreharbeiten sei ein Kind verstümmelt worden.
Als der Film im September und Oktober landesweit in die Kinos kam, nahmen einige Kinobetreiber speziell in traditionell konservativen Städten die Komödie aus Rücksicht vor religiösen Empfindsamkeiten nicht ins Programm. Für große Aufregung sorgte Life of Brian insbesondere in den Staaten des sogenannten „Bible Belts“ im Südosten der USA. In Columbia, South Carolina, setzte sich der republikanische Senator Strom Thurmond dafür ein, dass der Film aus den lokalen Kinos verschwand. Der Absetzung folgten wütende Proteste mit Plakaten wie „Lasst Brian wiederauferstehen, kreuzigt die Zensoren“. Auch in den meisten Städten Louisianas, Arkansas und Mississippis wurden Vorführungen abgesagt bzw. abgesetzt, nachdem Staatsanwälte Klagen gegen Kinobetreiber angedroht hatten bzw. der Druck religiöser Proteste zu groß wurde.
Doch von den lautstarken religiösen Eiferern abgesehen nahmen viele kirchliche Vereinigungen eine betont liberale Haltung ein. Ob Proteste stattfanden und wie die Kinobetreiber darauf reagierten, war meist von lokalen Faktoren abhängig. Der überwiegende Teil der Kinos des Landes konnte den Film problemlos zeigen und sich dank medienwirksamer Proteste über hohe Einnahmen freuen. Das Premierenkino Cinema One etwa verzeichnete Rekordeinnahmen.
Großbritannien
Ende August 1979, als der Film in den USA bereits angelaufen war, fällte die BBFC ihre Entscheidung, Life of Brian ohne weitere Beanstandungen ab 14 Jahren freizugegeben (Zertifikat ‚AA'). Deren Empfehlungen müssen von den einzelnen englischen Gemeinden jedoch nicht übernommen werden. Bezüglich der empfohlenen Altersfreigabe, die von jedem Gemeinderat letztlich selbst bestimmt werden darf, entschied sich der Filmverleih CIC für eine strenge Regelung: In Gemeinden, die den Film mit einem Jugendverbot belegten, würde der Film nicht zur Aufführung gebracht.[78]
Indessen formte das Festival of Light seine eigene Strategie, die Vorführungen zu verhindern oder zumindest stark einzuschränken. Damit der „kranke“ Film, der ständig zwischen „Sadismus und völliger Blödheit“ schwanke,[79] nicht wie in den USA Auftrieb durch öffentliche Proteste erhielt, sollte diskret vorgegangen und örtliche Gremien von einem Filmverbot überzeugt werden. Auch eine Klage wegen Blasphemie stand vorerst nicht mehr im Raum: Die Erfolgsaussichten vor Gericht schienen zu gering.
Die Presse hatte dennoch genug zu berichten: Zur Premiere am 8. November 1979 im Plaza Cinema in London versammelten sich Demonstranten vor dem Kino und sangen Kirchenlieder. Am 9. November rief der Erzbischof von York, Stuart Blanch, alle Christen und besorgten Bürger dazu auf, die zuständigen Gremien vor Ort vor dem Film zu warnen, „so wie in anderen Fällen, wo es schien, dass ein Film den Wert des Menschen missachtet […]“. Wie viele andere religiöse Kritiker hatte auch er den Film nicht gesehen.
Als Höhepunkt der öffentlichen Debatte um den Film gilt die abendliche Fernsehsendung Friday Night Saturday Morning vom 9. November. Vor Studiopublikum diskutierten John Cleese und Michael Palin mit dem Bischof von Southwark, Mervyn Stockwood, und Malcolm Muggeridge, bekannter Autor und wiedergeborener Christ. Muggeridge bezeichnete es als „billig und abgeschmackt“, wie der Film die „Inkarnation Gottes“ (Jesus) verspotte; Stockwood tat jede Behauptung, dass mit Brian nicht Jesus gemeint sei, von vornherein betont flapsig als „Quatsch“ ab. Besonders empörte sich Muggeridge über die „abstoßende“ Abschlussszene, in der „eine Menge Gekreuzigte […] eine Revuenummer singen“. Palin zeigte sich von den scharfen Attacken sichtlich getroffen und irritiert. Er beharrte auf der Feststellung, dass die Komödie nicht indoktrinieren, nur unterhalten wolle: „Viele verlassen das Kino fröhlich und lachen darüber. Ohne dass ihr Glaube erschüttert wurde.“ Bischof Stockwood spielte dennoch in seinem Schlusswort auf den Judaslohn an: „Sie bekommen Ihre 30 Silberlinge, da bin ich sicher.“
Erst Anfang 1980 kam Life of Brian landesweit in die Kinos. Die Verleihfirma CIC hoffte im Vorfeld darauf, dass bis dahin der Vorwurf der Blasphemie genügend entkräftet sein würde. Außerdem sollte eine Kollision mit den weihnachtlichen Feiertagen vermieden werden. Doch wie in den USA erhielt die Kontroverse mit dem landesweiten Vertrieb neuen Aufschwung. Bischöfe mehrerer englischer Städte protestierten, und das Festival of Light stellte der Church of England Brian-feindliches Material zur Verfügung, das verteilt wurde.
Mehrere englische Gemeinden sprachen ein Aufführungs- oder Jugendverbot aus – auch ohne den Film gesehen zu haben, wie etwa in West Yorkshire oder East Devon, wo ein Stadtrat sich rechtfertigte: „Man muss keinen Schweinestall sehen, um zu wissen, dass er stinkt.“ Den Verboten folgten Proteste gegen Zensur und für Meinungsfreiheit. Letztlich sprachen sich von den über 370 Gemeinden zehn für ein Verbot und 27 für ein X-Rating aus, womit der Film aufgrund der strengen Vorgaben des Verleihs ebenfalls nicht gezeigt werden konnte. Der Verbreitung der Komödie schadete dies nur bedingt: Genügend Nachbargemeinden ließen die Komödie zu, meist sogar ohne sie vorab geprüft zu haben. Wie in den USA beflügelte die Kontroverse den Erfolg von Life of Brian an den Kinokassen.
Andere Staaten
In Kanada warfen die kommenden Konflikte im Juni 1979 ihre ersten Schatten voraus, als eine Radiosendung über die Dreharbeiten zu Life of Brian vor der Ausstrahlung verboten wurde. Der Film selbst passierte die Zensurbehörde ohne weitere Bedenken wegen Blasphemie. Allerdings musste erstmals auf dem Werbematerial zum Film neben der Altersfreigabe („Restricted“ – ab 17 Jahren in Begleitung eines Erwachsenen) die zusätzliche Warnung zu lesen sein, dass der Film religiöse Gefühle verletzen könne. Ob vereinzelt Kinobetreiber wegen Protesten seitens religiöser Vereinigungen davon Abstand nahmen, den Film zu buchen, kann nicht festgestellt werden. Die in Sault Ste. Marie eingebrachte Klage eines Geistlichen gegen das lokale Kino stoppte der Staatsanwalt vor der ersten Anhörung.
In Australien beschäftigte Life of Brian das Parlament, nachdem ein römisch-katholischer Priester in Queensland die Zensoren zu einem Verbot des Films drängen wollte, diese sich aber weigerten. Der Kulturminister bestätigte die Rechtsauffassung der Zensurbehörde, meinte jedoch, der „schmuddelige und geschmacklose“ (“grubby and tasteless“) Film sollte nach Möglichkeit keine große Verbreitung finden. Nicht zuletzt dank der Aufregung stieß Brian zu den zehn erfolgreichsten Kinofilmen des Landes vor. In Irland blieben laut Hewison Versuche, Brian durch die strenge Zensurbehörde zu bekommen, von vornherein aus. Stattdessen konnte der offizielle Soundtrack, eine von den Pythons bearbeitete Hörspielfassung des Films, aufgrund einer Gesetzeslücke problemlos eingeführt werden. Als ein beliebter Fernsehprediger auf die Schallplatte aufmerksam machte, indem er sagte, „wer diese Platte […] lustig findet, muss gestört sein“, sah sich der Vertrieb nach Zeitungsberichten, Protestschreiben und Drohanrufen gezwungen, die Einfuhr einzustellen.
In Italien kam der Film aus unbekannten Gründen nicht in die Kinos. Ob dies aus der katholischen Tradition des Landes zu erklären ist, konnte etwa Hewison in seiner genauen Chronologie der Kontroverse in Monty Python: The Case Against nur vermuten. In Spanien, Frankreich und Belgien, ebenfalls stark katholisch geprägt, gab es keine wesentlichen Widerstände gegen die Aufführung. Auch in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Griechenland, Dänemark, Schweden und Israel wurde der Film ohne Probleme zugelassen.
Die Zensurbehörde in Norwegen sorgte für ein Novum, als sie mit Life of Brian erstmals in der Geschichte des Landes eine Komödie verbot. Daraufhin warben Kinos im benachbarten Schweden: „Der Film ist so witzig, dass er in Norwegen verboten wurde.“ Tatsächlich begründeten die norwegischen Zensoren ihre Entscheidung damit, dass die Massenkreuzigung am Ende, aber auch die Bergpredigt am Beginn des Films religiöse Gefühle verletzen könnten. Das überraschende Verbot sorgte für mediale Aufregung, und die Filmzensoren selbst bemühten sich, zusammen mit dem norwegischen Filmverleih einen Kompromiss zu finden. Dem Vorschlag, während der Kreuzigungsszene das Bild auszublenden und nur die Tonspur laufen zu lassen, stimmten die Pythons nicht zu. Ein halbes Jahr später durfte der unveränderte Film schließlich, wie üblich, in Originalfassung mit norwegischen Untertiteln gezeigt werden – mit der einzigen Beschränkung, strittige Passagen nicht zu übersetzen.
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